Beihilfen
(Subventionen, Zahlungen für Service Public etc.)
Im schweizerischen System sind Subventionen grundsätzlich erlaubt. Es basiert auf der Basis von Vertrauen. Beim Bund gibt es ein Gesetz, das in der Praxis nur sehr selten zu Gerichtsfällen führt. Umgekehrt basiert das EU-System auf Misstrauen. Subventionen sind im Grundsatz verboten. Da sie einen erheblichen Teil der Staatsausgaben ausmachen, muss dieser riesige Bereich über Ausnahmen definiert werden. Das beginnt mit zwei Verordnungen über Gruppenfreistellung (ca. 200 Seiten), und Kleinsubventionen (z.B. weniger als € 200‘000 in drei Jahren), konkretisiert durch eine unübersichtliche Anzahl Richtlinien, Verordnungen, Mitteilungen, Leitlinien, Unionsrahmen. Elektrizität (hinten unter Beihilfen/Stromabkommen) zeigt, was da abgeht. Bei jeder Subvention muss geprüft werden,
- ob es für sie eine Ausnahme gibt
- ob die Bedingungen für die Ausnahme erfüllt sind
- In der Schweiz käme mit dem Neuvertrag noch die Prüfung dazu, ob sie aufgrund der Bilateralen Abkommen überhaupt anwendbar sind
Diese System braucht schon in der EU und ihren Mitgliedstaaten je eine massive Bürokratie mit dauernden Rechtsstreitigkeiten. Mit einigen hundert Fällen pro Jahr zählt die Beihilfenaufsicht der EU-Kommission zu ihren aufwändigsten Tätigkeitsbereichen.
Wie viele Spezialisten Bund und Kantone in Verwaltung und Gerichten anstellen müssten, um in den Sektoren Strom und Verkehr damit zurecht zu kommen, ergibt sich nicht aus den Publikationen im Juni 2025. Wer sich ein Bild dazu verschaffen will, wie dieses System in der Praxis aussieht, dem ist ein Klick auf FedLex 0.814.011.268 empfohlen. Das 2020 in Kraft getretene Abkommen mit der EU ist bescheidene 8 Seiten lang. Nach ein bisschen scrollen folgen ab S. 8 allerdings 11 Seiten von Verweisen auf dutzende von EU-Erlassen, die für den Abschluss und die Durchführung des Abkommens ebenfalls konsultiert und studiert werden müssen. Mit dem Neuvertrag sind diejenigen daraus, die sich mit Strom oder Verkehr beziehen, ins schweizerische Recht aufzunehmen. Welche? Auch kantonale Regeln sind betroffen. Insgesamt ist zu den Beihilferegeln festzustellen:
Gut gemeint (Wettbewerb fördern)
aber von der Brüsseler Bürokratie zu einem
ultrakomplizierten, konfliktträchtigen Komplex staatlicher
Vorschriften mutiert
Das sollten wir uns nicht antun
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Strassenverkehr; Eisenbahnverkehr; Staatsausgaben; Bürokratie; Beihilfen
Beihilfen und die Kantone
Heute können die Kantone ihre eigenen Regeln für Subventionen von Kanton und Gemeinde festlegen und brauchen keine Bewilligung des Bundes. Sie geniessen weitgehende Freiheit, ob und wie sie ihre politischen Ziele und Prioritäten mit Subventionen, steuerlichen Regelungen und Ansiedelungshilfen etc. fördern wollen.
Das würde sich mit dem Neuvertrag ändern. Im Bereich von Stromabkommen, Luft- und Landverkehr gelten die EU – Beihilferegeln. Wollen Kantone oder Gemeinden künftig ihre politischen Ziele mit Subventionen verfolgen, so ist das nur noch möglich, wenn sie EU-Recht entsprechen. Ferner brauchen sie eine Bewilligung des Bundes. Das hat zwei Negativ-Folgen: Einerseits verlieren die Kantone ihre Selbständigkeit in der Verfolgung politischer Ziele. Anderseits müssen Bund und Kantone EU-Experten für Beihilferecht engagieren. Das braucht zusätzliche Bürokratie und bringt häufige Streitigkeiten über Zulässigkeit und entsprechende Verzögerungen mit sich.
So hat der EuGH eine Subvention an die gemeinnützige holländische Wohnbaustiftung „Woonlinie“ nach über 16 Jahren Verfahren als unerlaubte Beihilfe qualifiziert. Mit dem Neuvertrag Schweiz-EU können wir entscheiden, ob wir derart lokale Angelegenheiten wie eine Wohnbauförderung in der Stadt Zürich oder z.B. die Benutzung von Busspuren in Basel in 16 jährigem Verfahren Jahren vom EuGH entschieden haben wollen. Mit dem Streitbeilegungsverfahren im Neuvertrag geht’s noch länger.
Nach Studium der Details hielt die Konferenz der Kantonsregierungen
an ihrer Plenarversammlung vom 18. März 2018 unmissverständlich fest:
„Eine Verankerung von Regeln oder Grundsätzen über staatliche Beihilfen
… in einem Rahmenabkommen ist ausgeschlossen“
Ebenso die FdP an ihrer Delegiertenversammlung vom 23.6.2018
Die Situation der Kantone in dieser Frage ist seit 2018 nicht besser, sondern deutlich komplizierter geworden. Was sich geändert hat, sind Präsidium und Sekretariat der Konferenz der Kantonsregierungen. Die Konferenz hat das Verhandlungsmandat 2023 befürwortet. Jetzt sind die Auswirkungen der Beihilferegeln im Strom- und Verkehrssektor, insbesondere auch für die Kantone bekannt. Die zuständige Kommission kann sich im Rahmen der Vernehmlassung damit neu auseinandersetzen. Dazu die unten rot markierten Links.
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