Das Freihandelsabkommen 1972


Das Freihandelsabkommen (FHA) zwischen der Schweiz und der EU von 1972 schafft eine Freihandelszone, primär für industrielle Erzeugnisse. Zölle auf Industrieprodukten sind abgeschafft und mengenmässige Handelsbeschränkungen wie Kontingente oder Massnahmen mit gleicher Wirkung sind verboten. Gestützt darauf exportierte die Schweiz 2024 für ca. 144 Milliarden Franken Waren in die EU, die EU für ca. 157 Milliarden in die Schweiz.
Derzeit soll es laut Bundesrat nicht Teil des Pakets um den Neuvertrag sein.

Art. 1 ProtFZA sagt allerdings:

„Dieses Protkoll sieht neue institutionelle Lösungen vor … die allen bisherigen und künftigen bilateralen Abkommen in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, an denen die Schweiz teilnimmt, gemeinsam sind.“

und Art. 11 ProtFZA

Lehnt das Volk eine Regel ab, so «kann die EU in den Bereichen betreffend den Binnenmarkt, verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen ergreifen»

Das Freihandelsabkommen 1972 ist ein solches Abkommen im Bereich Binnenmarkt. Laut Bundesrat ist es aber entgegen dem obigen Wortlaut in diesem Neuvertragspaket nicht betroffen. Stimmt damit die Auffassung des Bundesrates, das Freihandelsabkommen 1972 sei nicht betroffen? Ein Fall für das Schiedsgericht ? Streit ?
Oder hat der Bundesrat bezüglich Neuvertrag recht? In diesem Fall ist auf jeden Fall die Absicht der EU aus der Formulierung von Art. 1 überdeutlich: Das Freihandelsabkommen 1972 und damit praktisch das ganze Wirtschaftsrecht der Schweiz ist im Visier der EU mit den bekannten Druckmethoden, Misstimmungen, Schikanen etc. und wird, wenn wir den Neuvertrag annehmen, so sicher wie Gold in der nächsten Phase folgen.

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Im Rahmenabkommen verpflichtet sich die Schweiz, dass sie im Normalfall jede Änderung der EU-Gesetze im Vertragsbereich innert kurzer Frist übernimmt.
Der Bundesrat legt Wert darauf, dass er im Rahmenabkommen ausgehandelt hat, dass das normale Gesetzgebungsverfahren über das schweizerische Parlament und Volksabstimmung im Einzelfall etwas anderes beschliessen könne. Aus zwei Gründen wird dieses Recht reine Theorie bleiben.
Zum ersten ist das Verfahren äusserst langwierig und kann mehrere Regeländerungen auf dem gleichen Gebiet beinhalten. Langjährige Rechtsunsicherheit ist die Folge. Zum zweiten stimmt die Schweiz im Rahmenabkommen zu, dass die EU ausgleichende Massnahmen ergreifen kann. Belastet die EU die Schweiz mit irgendwelchen neuen Kosten (z.B. Arbeitslosenentschädigungen für Grenzgänger), so ermächtigt das Rahmenabkommen die EU zu Ausgleichsmassnahmen in der gleichen Höhe (eben verhältnismässig) zu ergreifen. Weshalb sich also gegen eine Zusatzbelastung durch die EU wehren, wenn es am Schluss gleich viel (Im Beispiel der Arbeitslosenentschädigungen mehrere hundert Millionen pro Jahr) kostet?
Tritt die neue Regel in der EU in Kraft, so wird sie auch in der Schweiz vorläufig angewendet (Art 6 Abs.3 ProtFZA) bis im Streitbeilegungs-verfahren geklärt ist, ob die Schweiz von der EU-Regel abweichen kann. Zehnjährige Verfahren sind keine Seltenheit. Dazu unter „Vorläufige Anwendung von EU-Recht“.
Der Neuvertrag verhindert auch nicht, dass die EU bei jedem Abweichungs-wunsch der Schweiz wieder die Forschungskeule schwingt, d.h. droht, die Schweizer Forschung von den EU-Programmen auszuschliessen. Statt dass die Schweizer Forscher die entsprechenden Gelder direkt vom Bund erhalten und sie sich auf direkte Kontakte mit ihren Forscherkollegen in der EU konzentrieren statt auf administrationslastige EU-Programme, haben wir das medienwirksame Thema der Forschungsprogramme bei jeder Gelegenheit, in welcher die Schweiz unter dem Titel „Das Letzte Wort beim Volk“ eine Abweichung von den EU-Regeln wünscht.
Parlament und Volksabstimmung für solche Ausnahmen stehen damit unter Dauerbeschuss der EU, unter undefinierten oder definierten Strafen und Nachteilen und können so nicht mehr selbständig entscheiden.

Das Verfahren „letztes Wort beim Volk“
bleibt damit Theorie.

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Verfahrensdauern; Vorläufige Anwendung von EU-Recht