Verpflichtungen der EU im Neuvertrag
Sie sind schwierig zu finden. Der Neuvertrag enthält z.B. keine Verpflichtung der EU, der Schweiz neuen Marktzugang zu gewähren. Das Stromabkommen bietet nebst Nachteilen bestenfalls einen auf 0.01 % des Bruttosozialprodukts geschätzten Vorteil. (Schätzung der interesierten Experten der Strombörsen). Was bieten die neuen Verträge zur Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ausser der Pflicht zur Übernahme von 61 Gesetzgebungsakten, Teilnahme an allen möglichen wichtigen und unwichtigen Sitzungen und Informationen, die auch ohne Vertrag erhältlich sind? Die EU verpflichtet sich auch nicht, die Schweiz weiterhin dauerhaft an den Forschungsprojekten der EU teilnehmen zu lassen, eben so wenig wie Diskriminierungen, Drohungen und Schikanen ausserhalb des Neuvertrags (wie die Börsenäquivalenz) zu unterlassen.
Auch enthält der Neuvertrag keine neue Verpflichtung der EU, die bisherigen Bilateralen Verträge einzuhalten (z.B. bei der Aufdatierung des Konformitätsabkommens für Med-Tech-Produkte oder die Abschaffung der abkommenswidrigen Stahlzölle). Gegenteils gibt der Neuvertrag der EU das Recht, die Bilateralen Verträge zum Nachteil der Schweiz abzuändern oder für die Schweiz günstige Teile davon zu suspendieren. Der Vertragsbruch durch die EU wird institutionalisiert.
Auch die immer wieder genannten „Verhandlungserfolge“ der Schweiz bringen alle keine neuen Verpflichtungen der EU: Das heute klare Recht auf eigenständige Gesetzgebung der Schweiz gilt nach dem Neuvertrag im Vertragsbereich nur noch unter Akzept von Strafmassnahmen, auch das eine Verschlechterung gegenüber dem heutigen Zustand.
Auch die Beschränkung der EU auf verhältnismässige Ausgleichsmass-nahmen ist eine Verschlechterung gegenüber heute, wo die EU überhaupt kein vertragliches Recht auf Strafmassnahmen hat. Auch die Verpflichtung der EU in den Protokollen, z.B. Nachts- und Sonntagsfahrverbot für Lastwagen in der Schweiz zu dulden, das Recht der Schweiz, die Einfuhr von Cotoneaster zu verbieten, besteht schon heute ohne Neuvertrag. All diese Rechte haben wir ohne Neuvertrag und ohne Einmischung der EU.
Eine Verpflichtung der EU betrifft zwar die Pflicht zur Einlassung auf das Streitbeilegungsverfahren. Es ist aber so ausgestaltet, dass die Schweiz es in der Praxis nie anrufen wird. Und das Mitspracherecht der Schweiz ist gemäss einem früheren Verhandlungsdelegierten «eine Trugformel»
Wo also sind
für die Schweiz nützliche neue Verpflichtungen
der EU in diesem Neuvertrag?
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Marktzugang; Forschungsabkommen; Konformitätsabkommen;
Streitbeilegungsverfahren; Mitspracherecht; Verhältnismässigkeit der Sanktionen
Vertragsbereich:
Welche Teile unserer Gesetzgebung gehen an die EU?
Mit dem Neuvertrag verpflichten wir uns, im Vertragsbereich unsere Gesetzgebung (unter Vorbehalt von zahlreichen Einzelausnahmen und langwierigen Verfahren und Strafberechtigung der EU) an die EU abzutreten. Damit rückt die Frage in den Vordergrund, was denn der Vertragsbereich umfasst.
Eine Zusammenstellung enthält die Publikation des Bundesrates unter „Übersicht Abkommen, Protokolle und Erklärungen“.
Nebst Einzelbestimmungen wird in folgenden
Abkommen EU-Recht institutionell übernommen:
Personenfreizügigkeit samt ihren sozialrechtlichen und weiteren Aspekten
Technische Vorschriften, im wesentlichen wer sie zertifizieren darf. (MRA)
Land- und Luftverkehr
Strom: Produktion, Verteilung, Handel und Konsum, Import, Export
Die komplexen Beihilferegeln (Subventionen, Entschädigungen für Service Public, Aspekte des Steuerrechts; Klimaschutz) werden im Wesentlichen im Bereich Verkehr und Energiepolitik übernommen.
- Im Landverkehrsabkommen (Eisenbahn und Strassenverkehr)
- Im Luftverkehrsabkommen
- Im Stromabkommen
Mit der Akzeptierung der Beihilferegeln
wird der Umfang der Rechtsabtretung an die EU
wesentlich grösser als der eine Erlass,
den der Bundesrat in seiner Zusammenfassung zeigt
Ein Blick in die Anhänge des Abkommens zeigt eine Auswahl von Bestimmungen, die schon heute übernommen werden müssten. Sie werden überdies praktisch jedes Jahr geändert. Ein Beispiel eines anwendbaren Erlasses finden Sie unter Google-Aufruf von „EurLex Verordnung EU Nr. 651/2014“. Ein scroll zu den Seiten unmittelbar vor dem Anhang I zeigt eine Aufzählung von 61 Erlassen, die im Beihilfewesen massgebend sind. Auf wie viele diese 61 ihrerseits verweisen, können Sie gerne abklären. Jedenfalls geben diese beiden Seiten einen ersten Eindruck, worum es sich hier handelt
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Unschärfen und Lücken beim Rahmenabkommen
