Ausgleichsmassnahmen (Sanktionen) der EU
Im Neuvertrag übernimmt die Schweiz in Art. 5 ProtFZA die völkerrechtliche Verpflichtung, die Rechtsakte der EU im Vertragsbereich so rasch als möglich, spätestens innert 2 Jahren (mit Referendum 3 Jahre) in die eigene Gesetzgebung zu übernehmen. Die EU überwacht die Schweizerische Gesetzgebung. (Art. 8, Ziff 4 ProtFZA)
Zwar kann die Schweiz theoretisch beschliessen, eine EU-Regel nicht umzusetzen (Dynamische, nicht automatische Umsetzung). Die EU kann danach das Streitbeilegungsverfahren in Bewegung setzen. Stellt das Schiedsgericht fest, dass der Rechtssatz der EU umgesetzt werden müsse, und bleibt die Schweiz bei ihrer Nichtumsetzung, so kann die EU nach Art. 11 ProtFZA
„Ausgleichsmassnahmen bis hin zur teilweisen oder vollständigen Suspendierung des betroffenen Abkommens oder der betroffenen (Bilateralen) Abkommen ergreifen“.
Die Ausgleichsmassnahmen müssen verhältnismässig sein. Verhältnismässig sind sie, wenn sie die Schweiz gleich stark benachteiligen, wie die Umsetzung des EU-Rechts, im Fall der Arbeitslosenentschädigungen für Grenzgänger mit einem höheren dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr.
Die „Ausgleichsmassnahmen“ sind nicht definiert. Was sie beinhalten, wen sie treffen, wie lange sie dauern, ist unklar. Rechtsunsicherheit herrscht. Die EU kann im Rahmen der teilweisen Suspendierung eines oder mehrerer Bilateraler Abkommen die Rechte der Schweiz suspendieren, die Pflichten der Schweiz aber bestehen lassen. Ist das die berühmte Fortsetzung des Bilateralen Wegs durch den Neuvertrag? Auch neue Zölle der EU auf Schweizer Exporten erlaubt der Neuvertrag.
Damit sind die Sanktionen, zu denen der Neuvertrag die EU berechtigt, derart einschneidend, dass die Schweiz das Recht, sich eigene Gesetze vorzubehalten, nie anwenden wird. Das gleiche Resultat ergibt sich aus der Pflicht, während des Verfahrens EU-Recht vorläufig anzuwenden
Das Recht der EU, Ausgleichsmassnahmen zu erlassen,
zerstört praktisch das Recht der Schweiz,
sich eigenständige Regeln vorzubehalten
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Demokratie; Dynamische Rechtsübernahme; Rechtsunsicherheit;
Verfahrensdauern; Vorläufige Anwendung von EU-Recht
Autonomer Nachvollzug von EU-Regeln
Die EU hat mit dem „Europäischen Binnenmarkt“ einen riesigen Regelkomplex geschaffen, den sie in ihren Mitgliedstaaten weitgehend umsetzt. Er versucht, den Austausch von Waren zu erleichtern. Das gelingt ihm auch zum Teil. Anderseits schafft er einen derart dichten Regeldschungel, in dem sich der Normalbürger und Gewerbetreibende definitiv nicht ohne Beratung von Spezialisten zurechtfinden kann. Weitere negative Folge ist, dass die Einheitlichkeit der Regeln für die einen Verhältnisse passen, für andere nicht. Nicht alle Regeln sind für das ländliche Bulgarien, die Stadt Paris und die Industrieregion Bayern gleich zweckmässig.
Ziel der EU ist es, das Einflussgebiet ihres Regelkomplexes „Binnenmarkt“ ausdehnen. Mit dem EWR ist ihr das in weiteren Staaten wie z.B. Norwegen gelungen. Nachdem die Schweiz die Annäherung an die EU über den EWR abgelehnt hat und England aus der EU ausgetreten ist, versucht die EU derzeit mit dem Neuvertrag in der Schweiz und in den Verträgen mit England ihre gleichen Regeln durchzusetzen.
Bisher erlassen wir im Rahmen des autonomen Nachvollzugs gleiche Regeln wie die EU, wo das zweckmässig ist. Wir behalten uns aber abweichende Regeln vor, wo die Regeln der EU zu unhaltbaren Zuständen führen würden, z.B. beim Lohnschutz, bei der Sozialgesetzgebung beim Strassenbau oder bei den Wasserkraftreserven. Auch bei der finanziellen Nachhaltigkeit der Staatsführung durch die bürgernahe föderalistischen Ausgestaltung unseres Steuer- und Subventionssystems sind wir deutlich besser bedient als die EU. Deren bürokratischen Eingriffe mit dem Beihilfewesen brauchen wir nicht, wollen wir nicht.
Mit dem Neuvertrag erklären wir das Ziel der Homogenität unserer Regeln mit den Regeln der EU als allen anderen Politikzielen im Vertragsbereich übergeordnet und verzichten zudem auf Flexibilität der Gesetzgebung in einer sich immer rascher bewegenden Welt. Wollen wir das nicht, so müssen wir den Neuvertrag ablehnen.
Nicht Verpflichtung zur Übernahme von EU Regeln gemäss Neuvertrag,
sondern freiwillige Übernahme von Regeln,
wenn sie für die Schweiz zweckmässig sind.
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Flexibilität; Lohnschutz; Marktzugang
