Staatsverträge mit Drittstaaten
Sind sie vom Neuvertrag betroffen ?
Gemäss Neuvertrag und den gleichzeitig genehmigten Beilagen gelten in der Schweiz im Vertragsbereich die EU-Regeln. Die Schweiz übernimmt die völkerrechtliche Pflicht, im Vertragsbereich keine Rechtsakte zu erlassen, die EU-Recht widersprechen. Sie kann diese Pflicht verletzen; dann kann die EU das vertragliche Verfahren in Gang setzen und bei Beharren der Schweiz auf der abweichenden Regel „Ausgleichende Massnahmen“ ergreifen, die bis zur teilweisen oder ganzen Suspendierung beliebiger Bilateraler Abkommen reichen.
Was aber, wenn ein Rechtsakt, der EU-Recht im Vertragsbereich widerspricht, nicht in einem schweizerischen Gesetz, sondern in einem von der Schweiz ausgehandelten Staatsvertrag mit Drittländern steht? Wird die Bestimmung ungültig? Muss die Schweiz Neuverhandlungen mit dem Drittstaat führen, um die EU-Rechts-widrige Bestimmung aus dem Vertrag zu entfernen? Und wie steht es mit der Aushandlung neuer Staatsverträge? Ist da auch EU-Recht im Vertragsbereich zu beachten?
Und wenn die EU-Rechtswidrigen Bestimmungen in den Schweizerischen Staatsverträge bestehen bleiben, kann die EU dann als Sanktion in irgendwelchen Abkommen (z.B. im Handelsabkommen 1972) ganz oder Teile daraus suspendieren? Oder gelten solche Sanktionen von vornherein als „unverhältnismässig“? Und wie lange kann man darüber streiten? 10-jährige Verfahren vor dem EuGH sind keine Seltenheit. Und während des Verfahrens gilt vorläufig EU-Recht.
Insgesamt sind nach gesundem Menschenverstand wohl weder unausrottbaren Differenzen in diesem Bereich noch eine Gefährdung von Staatsverträgen mit Dritten zu erwarten. Aber, wie die Börsenäquivalenzfrage zeigt, lässt sich die EU nicht immer vom gesunden Menschenverstand leiten.
Ist die Annahme abwegig, dass
der Neuvertrag der EU auch eine Einmischung
in bestehende und neu auszuhandelnde
Staatsverträge der Schweiz mit Drittstaaten erlaubt?
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Konfliktstoff mit der EU; Ausgleichsmassnahmen; Verfahrensdauern
Stabilität im Verhältnis zur EU?
Der Neuvertrag bringt neue Instabilitäten ins Verhältnis Schweiz – EU. Drei Quellen sind jetzt schon absehbar: Da wir zum ersten im künftigen Vertragsbereich nicht alle EU-Regeln autonom nachvollzogen haben, bestehen hunderte von Differenzen. Sie alle müssen bei Annahme des Rahmenabkommens geändert werden. Die bundesrätliche Veröffentlichung des Vertragspakets versucht, die Änderungen darzustellen. Ob er alle gefunden hat, weiss niemand. Weiterhin herrschen Unschärfen und Lücken in der Frage, was das alles betrifft. Im Verlauf der Verhandlungen kommen immer mehr Details zum Vorschein. So traten z.B. die heiss diskutierten Flankierenden Massnahmen zum Lohnschutz erst spät in der Diskussion zutage. Andere werden folgen. Resultat: Instabile Verhältnisse.
Da wir uns im Neuvertrag völkerrechtlich verpflichten, künftiges EU-Recht im Vertragsbereich zu übernehmen, wird zweitens jede Änderung im EU-Recht, die mit unserem Recht oder unseren politischen Überzeugungen im Widerspruch steht, weitere Diskussionen und Instabilität bringen. Zwar können wir gemäss Neuvertrag dazu nein sagen. Das Verfahren dazu ist extrem lang und wird uns dauerhaft instabile Verhältnisse mit der EU bescheren.
Unstabile Verhältnisse entstehen zum Dritten, wenn die EU gemäss Neuvertrag „verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen“ trifft. So könnten wir z.B. zur neuen EU-Regeln, wonach Arbeitslosenleistungen für Grenzgängern neu durch den Staat der Arbeitsstelle statt wie heute des Wohnsitzes zu tragen sind, nein sagen. Die EU kann aber Ausgleichsmassnahmen treffen. Sie dürften verhältnismässig sein, wenn es die Schweiz gleich viel kostet wie die Annahme der Regel, nämlich dreistellige Millionenbeträge pro Jahr.
Die Ausgleichsmassnahmen sind nicht definiert, können aber bis zur (zeitlich nicht limitierten) Suspension von Bilateralen Abkommen oder für die Schweiz günstigen Teile daraus reichen. Auch hier ist die Unstabilität des Verhältnisses zur EU vorprogrammiert.
Unstabilität ergibt sich auch aus weiteren Verhandlungen mit der EU. Sollte die EU mit ihrer Verhandlungstaktik der Drohungen, Diskriminierungen und Schikanen beim Neuvertrag erfolgreich sein, so ist nicht einzusehen, weshalb sie darauf bei künftigen Verhandlungen verzichten werde. Die EU hat neue Verträge mit Grossbritannien abgeschlossen. Brachten sie stabile Verhältnisse? Mit nicht weniger als 94 Klagen hat die EU die Engländer überzogen. Stabile Verhältnisse ?
Der Neuvertrag bringt dauernde Unstabilität in das Verhältnis Schweiz – EU und dehnt es auf Bereiche (z.B. Energiepolitik, Verkehrspolitik, Subventionspolitik, Arbeitspolitik) aus, die bisher ausserhalb des Einflussbereichs der EU lagen.
Eine Ablehnung des Neuvertrages per Volksentscheid schafft bezüglich „Dynamischer Rechtsübernahme“ Klarheit. Die Diskussionen mit der EU werden zwar weitergehen, aber mit weniger Konfliktfeldern und deutlich weniger Verpflichtungen der Schweiz.
Der Neuvertrag bringt das Gegenteil von Stabilität
in die Beziehungen Schweiz – EU.
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Konfliktstoffe mit der EU; Streitbeilegung; Arbeitslosenentschädigungen;
Verhältnismässigkeit der Sanktionen
